Vor über einem Jahr habe ich einen mehrwöchigen online Kurs über Achtsamkeit abgelegt. Dadurch bin ich langsam, fast beiläufig zur Meditation gekommen.
Eine der wichtigsten Lektionen, die ich mir aus dem Kurs mitnahm war, dass alles so sein darf wie es ist.
In den geführten Body Scans und Meditationen wurde immer wieder gesagt, dass wir Gedanken und Gefühle achtsam wahrnehmen sollen, wenn wir meditieren. Wir sollten sanft und nachsichtig mit uns selbst sein.
Vor allem wenn negative Emotionen sich zeigen sei es wichtig, diese nicht von sich zu schieben. Das klingt sehr schön und einfach, aber in der Praxis fällt genau das unglaublich schwer.
Im Herbst 2019 setzte ich mich mit dem Thema "Schattenarbeit" auseinander, suchte nach Podcast Episoden und online Resourcen. Anfangs hatte ich den Eindruck, dass viele ihren Schatten als etwas Erotisch-Verruchtes sehen, als sei ihr Schatten die sexy Gothic Seite ihrer Persönlichkeit.
Damit konnte ich nichts anfangen, aber das Schlagwort "Schattenarbeit" tauchte immer wieder auf und so suchte ich weiter und fand endlich eine Podcast Episode, die mir die Augen öffnete. What is Shadow Work, von der amerikanischen Schamanin Christina Pratt war genau das, was ich damals brauchte und gab mir den Schlüssel in die Hand, um produktiv mit meinem Schatten zu arbeiten.
Unser Schatten sind jene Seiten von uns, die wir verdrängt haben. Es sind die Eigenschaften, für die wir uns schämen, die Gelüste, die wir uns nicht eingestehen wollen. Unser Schatten sind die Aspekte, die die Gesellschaft uns austreiben möchte, die nicht anerkannt sind.
Unser Schatten trägt all das in sich, was wir nicht sehen, nicht anerkennen wollen. Deswegen ist er ein fundamentaler Teil von uns, der von grundlegender Wichtigkeit für unser Sein ist.
Manche sprechen auch davon, dass wir mehrere Schatten haben, quasi ein Schatten für jede Facette, die wir in der Dunkelheit wegsperren wollen.
Das Wichtigste was ich mir aus dem Podcast von Christina Pratt mitgenommen habe ist, dass wir wirklich und wahrhaftig in unserem Schmerz und Leid sitzen und es fühlen müssen, wenn wir ernsthafte Schattenarbeit leisten wollen.
Sie spricht absoluten Klartext in der Episode und ich liebe die no-nonsense Einstellung zu ihrer Arbeit. Das war genau das, was mir vorher gefehlt hatte, als ich nach Material zu dem Thema suchte.
Es ist lang her, dass ich mir die Episode angehört habe, aber ich erinnere mich deutlich, dass sie ganz deutlich gesagt hat, dass Schattenarbeit unglaublich hart ist, dass daran nichts sexy ist.
Ganz bewusst im eigenen Leid zu sitzen, den Schmerz zu fühlen, das erfordert viel Stärke. Selbst Monate später fällt mir das noch schwer, denn der erste Impuls ist immer die negativen Gedanken und Emotionen beiseite zu schieben.
Ich glaube nicht, dass ich bisher wahrhaftige Schattenarbeit geleistet habe in dem Sinne, wie Christina es beschreibt. Dafür würde ich mir einen Mentor wünschen, der mich auf diesem Weg bezeugt und unterstützt. Aber ich tue für mich im Alltag was ich kann, um mit meinen Gefühlen besser umzugehen.
Festzustellen wenn Negatives auftaucht, ohne es sofort zu verdrängen ist ein erster und ein großer Schritt in die richtige Richtung.
Als nächstes werde ich mir der Emotion in meinem Körper bewusst. Wie fühlt es sich an? Wo sitzt das Gefühl?
Je mehr ich mich achtsam mit der Emotion befasse, desto schneller verschwindet sie ganz von allein und meist taucht sie dann auch nicht mehr in dem Zusammenhang auf, in dem sie gekommen ist.
Das ist ein ganz natürlicher Prozess, denn alles, was Gefühle wollen, ist gefühlt zu werden. Sie wollen gefühlt werden und durch uns hindurch fließen. Sie wollen nicht verweilen.
Wenn wir Gefühle jedoch unterdrücken, oder uns nicht eingestehen wollen, dann verweigern wir ihnen damit die Weiterreise. Sie hängen dann in uns fest und unser Schatten nimmt sich ihrer an.
Auf Dauer kann das zu unangenehmen und ungesunden Nebenwirkungen in Form von psychosomatischen Störungen und physischen Leiden führen, für die es von außen betrachtet keine Ursachen zu geben scheint.
Ich selbst bin in der Vergangenheit durch eine Depression gegangen, brauchte Therapie und Tabletten um es durch den Alltag zu schaffen. Anfangs hat mir das geholfen, doch ein wahres Gleichgewicht hat sich in meinem Leben dadurch nicht eingestellt.
Erst durch den tieferen Einstieg in spirituelle Themen wie Schattenarbeit beginne ich langsam zu begreifen wie ich in eine echte Balance kommen kann. Vor allem aber ist das eine Arbeit, die einen ein Leben lang begleiten wird. Das war auch eine wichtige Erkenntnis.
Es gibt viele verschiedene Heilungsmodalitäten, viele Aspekte von uns, die geheilt werden können und doch ist die Auseinandersetzung und Anerkennung der eigenen Gefühle bisher immer ein Teil jeder Heilarbeit gewesen, die mir begegnet ist.
Etwas das oft zu kurz kommt ist jedoch auch die Betrachtung von schönen, positiven Gedanken und Gefühlen. Die vernachlässigen wir oft, aber auch derer sollten wir uns bewusst sein. Denn obwohl sie unserem Wachstum nicht direkt zuträglich sind, geben sie uns die notwendige Energie und Reserven, um es durch die anstrengenden Zeiten zu schaffen.
Die Balance ist immer der Schlüssel!
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